Ran ans Brett: Willebadessener Kinder bauen Longboards
Wenn Leim und Farbe trocken sind, werden sie mit ihren eigenen Longboards cruisen
Willebadessen. Schön bunt soll es sein. Doch Oli mag es eher schwarz. Zumindest der Bereich rund um das Flammenmotiv. Dass die schwarze Farbe aus der Sprühdose nicht genügend deckt, muss Boardbauer John ihm erklären. Ein wenig Enttäuschung zeichnet sich schon in Olis Gesicht ab. „Das wird sich ändern, wenn die Schablone abgezogen wird“, sagt der Fachmann. Unter der Pappe prangt ein prächtiges Orange.
John Paschos ist Sozialpädagoge. „Selbstständig“, betont der 38-Jährige. An vier Tagen der vergangenen Osterferienwoche werkelte der Dortmunder mit zehn Kindern und Jugendlichen im Schülercafé des Willebadessener Pfarrheims. Den Workshop hatten die ehrenamtlichen Mitarbeiter des offenen Jugendtreffs in der Eggegemeinde organisiert.
Jeweils bis zu sechs Stunden beschäftigten sich die 4- bis 16-Jährigen unter Anleitung von Paschos und den Schülercafé-Mitarbeiterinnen Lena Gebel und Natascha Knaup an ihren Longboards, die sie anschließend mit Spraydosen verschönerten. „Es geht im Endeffekt um das gute Gefühl, selbst etwas gebaut zu haben“, sagt Paschos. „Jedes Kind arbeitet unterschiedlich schnell, man muss auf jedes individuell eingehen.“ Paschos baut seit fünf Jahren Boards und gibt dazu Workshops.
Longboard fahren kann ins Geld gehen
Longboard fahren könne ein Freizeitspaß sein, der ins Geld gehe, sagt er. Im Supermarkt ist das trendige Sportgerät bereits unter 100 Euro zu haben. „Die guten fangen aber bei 300 Euro an“, sagt er. Den Unterschied mache die Hardware aus: Achsen, Rollen, Schrauben. Drei jeweils drei Millimeter starke Bretter und Lagen aus Glasfaser werden „zusammengeklebt“, sagt Teilnehmer Nico.
„Miteinander verleimt“, berichtigt Paschos und zeigt dem 16-Jährigen, wie er die zuvor aus dünner Pappe ausgeschnittene Schablone am besten auf dem Brett platziert. Das Lackieren gefalle ihm am besten, sagt Nico. Er hat sich seinen Namenszug als Motiv ausgewählt. „In Graffiti-Schrift“, geht er ins Detail. Eine Schicht Klarlack wird als Abschluss die Kunst sichern.
Der Kreativität seien kaum Grenzen gesetzt, sagt Paschos. Jedes Brett werde individuell gestaltet. „Die Kinder lernen, mit Werkzeug umzugehen, schaffen etwas eigenes anstatt bei der Mama betteln zu gehen.“ Man habe ein besseres Gefühl, „weil man es selbst gebaut hat“, merkt Nico beim Blick auf die Unterseite seines entstehenden Longboards an. Nico freut sich auf die erste Fahrt mit dem neuen Board. Ein halbes Jahr trainiere er bereits. Man müsse den Schwung dafür raus haben, hält er fest. „Umso schneller, umso mehr Spaß“, nickt Paschos ihm zu.
„Weil unsere Freunde auch da sind“
Cool sei die Arbeit in der Woche gewesen, sagt Andreas (13). Auch weil es viel zu lachen gegeben habe. Unter Dominiks Brett zeichnet sich eine ganze Sternengalaxie ab. Ein grünes Männchen weist auf den Ausgang hin. „Spacig“, bewertet der Elfjährige. Ein Longboard selbst zu bauen, „ich kann es weiterempfehlen“, sagt Dominik selbstbewusst.
Auch Jasper (12) hat es mit seinem Vornamen auf dem Brett probiert. „Noch nicht im richtigen Wildstyle“, sagt er fachkundig. Darin übe er sich noch zuhause mit dem Stift. Mit der Sprühdose hantiert er zum ersten Mal. Unter den Augen Paschos wird das Werk gelingen. Ins Schülercafé gehen sie, „weil unsere Freunde auch da sind“, sagt Jasper. Auch könne er sich die Gelegenheit, ein eigenes Longboard zu bauen, nicht entgehen lassen.
Das einzige Mädchen in der Runde ist Edda. „Mein erstes Longboard“, sagt sie voller Stolz. Die Zehnjährige hebt das Brett ein wenig vom Steinpflaster vor der Eingangstür des Jugendtreffs ab und präsentiert ihr Patchwork-Muster in blauen und violetten Tönen.
„Der sichtbare Erfolg steigert das Selbstwertgefühl“
Bei den Rollen sei die richtige Härte wichtig, sagt Nico. „Je weicher, desto angenehmer beim Cruisen“, gibt Paschos einen Tipp. „Dann hast Du es gemütlicher beim Fahren.“ Nico entscheidet sich für die Mittelharten. „Die haben mehr Grip“, gibt er sich sportlich. Die Härteren seien gut fürs Gliden. Paschos erinnert den Jugendlichen daran, dass Longboard fahren auf Verkehrsstraßen verboten sei. „Dann geh‘ ich in den Kurpark“, erhält er als kurze Antwort.
Beim Aussägen mit der Stichsäge und dem Fräsen der runden Kanten habe der Papa geholfen, sagt Ben. Mit vier Jahren ist der Sohn von Lena Gebel der jüngste Workshop-Teilnehmer. Eine Schramme im Gesicht zeugt von der ersten Ausfahrt auf dem Hof an der Hand des Vaters. Die nächste möchte Ben „lieber wieder mit Mama machen“, sagt er.
„Ich bin sehr stolz auf die Kinder“, sagt John Paschos beim Abschied. „Jeder hat versucht, nach seinen Möglichkeiten sein Ding zu machen.“ Ihm gehe es darum, mit seiner Arbeit Handwerk, Kunst und Sport unter einen Hut zu bringen und für die jungen Teilnehmer erfahrbar werden zu lassen. „Der sichtbare Erfolg macht stolz und steigert das Selbstwertgefühl.“